Reisebericht aus Serbien und Ungarn

Wenn einer eine Reise macht, dann kann er viel erzählen. Wenn 22 sich mit dem Bus auf den Weg nach Osteuropa begeben, müssen es viele Erzählungen werden.

Der Blasmusikverein auf dem Weg in die Partnerstadt Gyönk, mit Zwischenstopp in Österreich und Serbien- ein Reisebericht.
 Nach dem letzten Besuch in Ungarn und Auftritten mit dem derzeitigen Dirigenten Ilja Holodkov reifte die Idee heran, in seinem Heimatland Serbien aufzutreten. Seine Eltern setzten sich gemeinsam mit dem Vorstand des Blasmusikvereins dafür ein, einen Auftritt in Novi Sad zu organisieren.

Da die Fahrt nach Serbien bei über 1000 km mehr als einen halben Tag gedauert hätte, wurde ein Zwischenstopp in Bad Gastein, mitten im Salzburger Land, eingelegt. Bei frischer Bergluft und schönstem Wetter konnten sich die Mitreisenden nach der Busfahrt etwas Bewegung verschaffen und den Wasserfall bewundern, bevor es im „Hotel Mozart“ zum gemütlichen Abendausklang kam. 


Sonntags startete die Busfahrt quer durch Österreich sehr früh, da nicht abzuschätzen war, wie lange die Wartezeiten an der österreichisch-ungarischen und vor allem an der ungarisch-serbischen Grenze sein würden. Glücklicherweise verliefen beide Grenzüberfahrten ohne Probleme. Die Zeit im Bus wurde für Kartenspiele und Kniffel genutzt, sodass 22 entspannte Mitfahrer und zwei gut gelaunte Busfahrer in Novi Sad das Hotel Vojvodina beziehen konnten. Die Innenstadt wurde zwecks Suche nach geöffneten Restaurants erkundet und im rund um die Uhr geöffneten Supermarkt konnte auch der restliche Reisebedarf erstanden werden.


Montags fand eine sehr interessante Führung durch die Heimatstadt des Dirigenten statt. Dort erfuhren die Griesheimer auch, dass Europas Kulturhauptstadt 2020 die längste Fassade in der Innenstadt erhalten will und deshalb das Hotel Vojvodina noch in städtischer Hand betrieben wird. Beeindruckt waren außerdem die 1999 bei den letzten Kriegsaktionen der NATO getroffenen Brücken. Die zentralen Verkehrswege über die Donau waren damals zerstört worden. Viele Mitreisende konnten sich noch gut an die Kriegsbilder aus den Fernsehnachrichten erinnern, aber der Anblick vor Ort hinterließ doch tiefe Eindrücke. Der Stadtführung durch die wunderschön erhaltene bzw. renovierte Innenstadt mit vielen Cafes und Bars folgte ein Auftritt im Stadtpark von Novi Sad. Vor zahlreichen Zuhörern konnte bei strahlendem Sonnenschein ein einstündiges Programm dargeboten werden. Obwohl das Orchester nur aus 12 MusikerInnen bestand, wurde von zünftiger Blasmusik bis zu modernen Songs einiges geboten. Sehr zur Überraschung beider Seiten konnte im Publikum eine Griesheimer Familie ausfindig gemacht und begrüßt werden. Mit dem guten Gefühl eines gelungenen Auftritts ging es zum gemeinsamen Abendessen in einem Sportclub.


Am nächsten Morgen erfolgte die Weiterfahrt in Novi Sads ungarische Partnerstadt Pecs, eine Stadt mit ca. 150000 Einwohnern nahe der kroatischen Grenze und Zentrum der Donauschwaben. Bei der letzten Reise erfolgte hier ebenfalls ein Auftritt, da durch einen Musiker private Kontakte in Europas Kulturhauptstadt 2010 bestehen. 
Am Tag der deutschen Einheit konnte bei der Fahrt mit der Bimmelbahn und Führungen durch das Zsolnay-Viertel, weltweit bekannt für die hier hergestellte Keramik, sowie einer exzellenten Stadtführung erlebbar gemacht werden, wie die Vereinigung der Kulturen gelingen kann. Zahlreiche Museen, Kirchen und Denkmäler wurden mit viel Hintergrundwissen und Anekdoten von einer Stadtführerin erklärt, welche selbst mehrere Jahre in Darmstadt gelebt hat und auch schon in Griesheim gewesen ist. 


Der Donnerstag startete mit einer Führung durch die Kodaly-Konzerthalle, die 2010 erbaut wurde. Außergewöhnlich für das Auge sind die fehlenden rechten Winkel im gesamten Gebäude. Diese sorgen im Konzertsaal für eine hervorragende Akustik, die die Griesheimer Blasmusiker auf der Bühne selbst testen durften. Noch beeindruckt von den Möglichkeiten in diesem Gebäude waren die MusikerInnen beim Auftritt im Szilard-Leo-Park in Pecs-Uranstadt wieder vor Publikum gefordert. Nach der eigenen Präsentation konnte noch der Musik des Erzbergmannsblasorchesters gelauscht werden. Zum Abschluss überließ der ungarische Konzertmeister den Dirigentenstab wieder Ilja Holodkov und alle MusikerInnen spielten gemeinsam den Fliegermarsch. Die anschließende Führung durch das Kulturzentrum inklusive Besichtigung der Modelleisenbahnanlage und einer Tanzprobe wurde interessiert verfolgt, bevor sehr leckeres und ausgiebiges Abendessen serviert wurde. Beim Erfahrungsaustausch mit den ungarischen Musikern wurden außer der roten Krawatten und grauen Westen weitere Gemeinsamkeiten festgestellt.


Bevor es freitags weiter Richtung Gyönk ging, wurde noch der Ausblick vom Fernsehturm genossen. Praktischerweise war der zuständige Ingenieur für die Wartung des Aufzugs zu diesem Zeitpunkt Teil der Reisegruppe. Eine exklusivere Führung hätte es nicht geben können. Auch während des Mittagsessens konnten die markanten Punkte der Stadt von oben letztmals betrachtet werden.
 Mit viel Vorfreude wurde der Bus für eine kurze gut zweistündige Fahrt bestiegen.

Viele Mitreisende hatten die alten Bekannten in der Partnerstadt schon länger nicht mehr gesehen. In Gyönk angekommen wurden im Internat schnell die bestens vorbereiteten Zimmer bezogen und die Instrumente aus dem Bus direkt weiter verladen, denn das Platzkonzert sollte für gute Unterhaltung sorgen. Das Publikum zeigte sich begeistert und honorierte die Darbietung mit Applaus und mitklatschen. Im Anschluss konnten sich alle am Gulasch stärken, das vom deutsch-ungarischen Heimatverein zubereitet wurde. Nachtisch in Form von Kuchen und Schnaps durfte natürlich auch nicht fehlen. Zu später Stunde wurde auf dem Heimweg Bürgermeister Krebs-Wetzl getroffen, der sich zum Weinlesefest ebenfalls auf den langen Weg nach Ungarn gemacht hatte.


Samstags wurden die „Griesheimi“ wie alle anderen Teilnehmer des Umzugs mit Krautwickeln verköstigt. Als Highlight der Reise durfte der Blasmusikverein erstmals auf einem Traktoranhänger sitzend beim Umzug durch den Ort teilnehmen. Bei bester Laune und ebensolchem Wetter wurde die nächsten Stunden gesungen, gefeiert, gegessen und getrunken. An verschiedenen „Haltestellen“ im Ort wurden Schnittchen und Kuchen gereicht, Wein und Getränke ausgeschenkt sowie eine Rede über das vergangene Jahr gehalten. Da quasi jede Ecke der Ortschaft angefahren wird, winkten die Griesheimer fast jedem Gyönker persönlich zu. Beim abschließenden Kulturprogramm mit vielen tänzerischen Einlagen und dem Auftritt des überregional bekannten Kinderchores, durften auch die MusikerInnen des Blasmusikvereins letztmals musikalisch in Erscheinung treten. Nach dem Auftritt blieb noch etwas Zeit, sich für die Abendveranstaltung schick zu machen.

In der Turnhalle der Grundschule findet jährlich zum Weinlesefest eine Party statt, bei der das bunt gemischte Publikum zu den lauten Klängen der örtlichen Band ordentlich abfeiert. Getränke und Snacks können von zu Hause mitgebracht werden und ganz selbstverständlich wurde auch die Griesheimer Gruppe mit selbstgemachten Schnittchen, Gebäck und Wein versorgt. Sogar eine Torte anlässlich des Geburtstages der zweiten Vorsitzenden wurde um Mitternacht serviert. Nach der Tombola traten auch einige Preise die Reise Richtung Griesheim an, wobei nützliche Dinge wie Bügelbrett und Grills in Gyönk Verwendung finden werden.

Nachdem sich die Reisegruppe auf der Tanzfläche verausgabt hatte, ging es für die letzte Nacht ins Internat, denn sonntags sollte es nach dem Frühstück nur einen Tagesordnungspunkt geben: Mehr als 1000 km mit dem Bus zurück nach Griesheim. 
Eine von Musik, Kultur und vor allem sehr viel Gastfreundschaft geprägte Reise konnte so um kurz nach Mitternacht in der Heimat beendet werden.

Die MusikerInnen und die gesamte Reisegruppe sind begeistert vom persönlichen Engagement aller Beteiligten, ohne die eine solche Reise nicht möglich gewesen wäre. Auch wenn es leider die letzte Fahrt mit dem derzeitigen Dirigenten gewesen ist, wird es hoffentlich nicht der letzte Aufenthalt in der ungarischen Partnerstadt gewesen sein.